Unkenntnis und Realitätsverweigerung:


Die Versorgung von Kindern mit Fiebersäften und Antibiotika ist schon seit Wochen nicht mehr gesichert. Lieferengpässe haben stellenweise dramatische Ausmaße angenommen. Um die Situation zu verbessern, haben in den vergangenen Tagen Politiker aus der Bundes- und Landespolitik die unterschiedlichsten Lösungsvorschläge gemacht.

Dazu erklärt der Vorsitzende des Verbandes des vollversorgenden pharmazeutischen Großhandels (PHAGRO), André Blümel:

„Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des pharmazeutischen Großhandels arbeiten Tag für Tag und mit Hochdruck daran, Arzneimittel zu beschaffen, um die Bestellungen ihrer Apothekenkunden bedienen zu können. Insbesondere bei Fiebersäften und Antibiotika für Kinder ist das derzeit nur sehr schwer möglich. Wir sehen die Nöte unserer Kunden, wir verstehen die Sorge der Eltern. Wir tun, was in unserer Macht steht, aber wir können nur das ausliefern, was wir erhalten.

Die Bundesregierung muss jetzt handeln, um die Situation schnell und nachhaltig zu verbessern. Leider sind die bisherigen Äußerungen und Vorschläge, soweit sie den pharmazeutischen Großhandel betreffen, entweder von Unkenntnis geprägt oder werden den wahren Ursachen des Versorgungsproblems nicht gerecht.

Wer Apotheken und Großhändler vor ‚Hamsterkäufen‘ warnt, hat nicht verstanden wie dramatisch die Situation ist. Für Hamsterkäufe fehlt die Ware; pharmazeutische Großhändler horten keine Arzneimittel, sondern geben eingegangene Ware sofort in den Markt, um wenigstens einen Teil der Bestellungen der Apotheken bedienen und ihren Sicherstellungsauftrag erfüllen zu können.

Behauptungen, bei den Engpässen handele es sich um ein Verteilungsproblem, verkennen, dass der Großhandel schon seit Wochen über sein bundesweites Niederlassungsnetz eine bestmögliche und faire Verteilung der knappen Medikamente vornimmt.

Vorschläge, der pharmazeutische Großhandel solle alle unentbehrlichen und versorgungskritischen Medikamente für einen längeren Zeitraum als für den Bedarf von zwei Wochen bevorraten, um Engpässe abzufedern, gehen an der Realität vorbei. Kann ein Hersteller nicht liefern, kann der Großhandel auch nichts lagern. Die aktuelle Situation resultiert aus einer außerordentlich hohen Nachfrage, die auf ein nur noch bedingt leistungsfähiges System trifft. Wenn Präparate nicht mehr kostendeckend vermarktet werden können, steigen Hersteller aus. Darunter leiden Patienten, Apotheken und auch der Großhandel. Vor diesem Szenario haben Apotheken, Großhändler und die Verbände der pharmazeutischen Industrie seit langem gewarnt, ohne dass der Gesetzgeber in Kenntnis der drohenden Lieferengpässe gehandelt hat.

Die für eine sichere Arzneimittelversorgung notwendige Infrastruktur des vollversorgenden Großhandels ist seit Jahren staatlich unterfinanziert, bei stetig steigenden gesetzlichen Belastungen und immer neuen versorgungspolitischen Zumutungen. Immerhin hat auch der Bundesgesundheitsminister eingestanden, dass der Preisdruck im Arzneimittelsegment zu groß geworden sei. Es ist nun an ihm, diese Erkenntnis in konkretes Handeln zu übersetzen. Und das sehr schnell!“