Der PHAGRO – Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels e.V. legt Kennzahlen für 2020 vor. Die Daten zeigen: 2020 war für den Pharmagroßhandel kein gutes Jahr.
Der vollversorgende pharmazeutische Großhandel hat 2020 mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln knapp 3 Mrd. Euro mehr umgesetzt als im Jahr zuvor. Ein Plus von gut 6 Prozent. Trotzdem: Das sind keine guten Nachrichten. Denn im gleichen Zeitraum sank der Absatz an verschreibungspflichtigen Medikamenten um 1,3 Prozent (von 721 Millionen Packungen in 2019 auf 711 Millionen Packungen in 2020). Und schlimmer: Die Großhandelsmarge erreichte ein neues Allzeittief: Mit einer Marge von 4,09 Prozent bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln verdiente der vollversorgende pharmazeutische Großhandel in 2020 so wenig wie nie zuvor.
„Der immer dramatischere Verfall der Großhandelsmarge ist inzwischen ein existenzielles Problem für vollversorgende Großhändler“, warnt der PHAGRO-Vorsitzende André Blümel. Das gefährde das Prinzip der Vollversorgung und die flächendeckende Belieferung der Apotheken mit Arzneimitteln. „Mit der Erosion unserer Marge kommen wir in erhebliche Bedrängnis“, so Blümel.
Grund für den anhaltenden Verfall der gesetzlich festgelegten Großhandelsmarge sind gravierende Strukturveränderungen im Arzneimittelsortiment. Allen voran der stetig steigende Anteil an hochpreisigen Medikamenten.
Hochpreiser werden zum Minusgeschäft
Die gesetzlich festgelegte Großhandelsspanne richtet sich nach dem Abgabepreis eines Medikaments. Allerdings: Für Medikamente, die mehr als 1.200 Euro kosten, ist die Großhandelsspanne gedeckelt. Ab diesem Preis erhält der Großhandel maximal 38,50 Euro (37,80 Euro variabler Zuschlag zuzüglich eines Festzuschlags von 70 Cent) pro Packung. Das bedeutet: Je teurer das Arzneimittel, desto niedriger die prozentuale Marge des Großhandels.
Der Absatz dieser sogenannten Hochpreiser hat sich in den letzten 10 Jahren mehr als verdoppelt (+ 265%). Sie machen mittlerweile 35 Prozent des Umsatzes im Pharmagroßhandel aus. Damit stieg zwar der Umsatz mit Hochpreisern – durch die gedeckelte Vergütung sank jedoch gleichzeitig die Marge. „Für den pharmazeutischen Großhandel ist das ein Minusgeschäft“, sagt Blümel. „Immer mehr teure Arzneimittel binden immer mehr Kapital. Das erhöht das Absatzrisiko bei gleichzeitig immer niedrigeren Margen.“
Kostendeckende Vergütung nicht mehr sichergestellt
Hinzu kommt eine zweite strukturelle Veränderung im Arzneimittelsortiment: Der überproportional steigende Absatz von aufwands- und damit kostenintensiven Arzneimitteln. Das sind zum Beispiel Betäubungsmittel (BtM) sowie Kühlartikel oder kühlkettenpflichtige Arzneimittel. Das Handling dieser Produkte ist sehr aufwändig und verursacht im Vergleich zu anderen Arzneimitteln vier bis sechs Mal höhere Kosten. Der ungebrochene Trend zu einerseits hochpreisigen und andererseits kostenintensiven Arzneimitteln führt dazu, dass die Mischkalkulation in der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) nicht mehr aufgeht. Damit ist eine kostendeckende Vergütung, wie sie ursprünglich vom Gesetzgeber beabsichtigt wurde, längst nicht mehr sichergestellt.
Die heutige Großhandelsvergütung basiert auf den Daten aus 2010. Den Strukturwandel im Arzneimittelsortiment berücksichtigt sie nicht. „Damit Leistungsumfang und Qualität im vollversorgenden Großhandel erhalten bleiben, muss auch die Vergütungsstruktur angepasst werden“, sagt André Blümel. Denn: „Der vollversorgende pharmazeutische Großhandel stellt die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicher. Das hat er insbesondere während der COVID-19 Pandemie eindrucksvoll bewiesen. Mit einer weiter sinkenden Großhandelsmarge wird das künftig kaum noch möglich sein.“
Die Kennzahlen und Statistiken des vollversorgenden pharmazeutischen Großhandels sind abrufbar unter: https://www.phagro.de/dossier/zahlen_daten_fakten