Covid 19-Impfstoffe – gekühlt, nicht geschüttelt


14.11.2022

„Die winzigen Glasfläschchen mit dem Corona-Impfstoff sind sehr empfindlich, dafür braucht man viel Fingerspitzengefühl.“

Diana Schulze (links)

Kommissioniererin für Kühlprodukte im Pharmagroßhandel

Draußen liegen die Temperaturen noch im angenehmen Bereich, aber drinnen tragen sie dicke Daunenjacken, darüber bläulich schimmernde Einmal-Schutzanzüge. Dann noch Kopfhaube, medizinischer Mundschutz und Handschuhe. Die nächste Stunde wird sehr kühl für Diana Schulze (49) und Alexandra Förster (23): Der Raum, in dem die beiden Frauen zerbrechliche Impfstoff-Fläschchen aus großen Kartons in schaumstoffisolierte Boxen umpacken werden, ist mit 2 ° bis 8° Celsius unangenehm kalt. Denn: Covid 19-Impfstoffe müssen unter strengen Kühlvorschriften gelagert und umverpackt werden. Dies gilt insbesondere für die mRNA-Impfstoffe, die noch vor ein paar Stunden bei bis zu minus 75 Grad Celsius im Ultratiefkühlschrank lagen.

Über Nacht wurden sie im „normalen“ Kühlschrank aufgetaut und können jetzt – wie alle anderen Corona-Vakzine auch – konfektioniert werden. Ein Job für Leute mit Feingefühl. Die winzigen Glasfläschchen – Vials genannt – sind empfindlich. Schütteln ist ebenso untersagt wie hohe Temperaturen. „Da braucht man viel Fingerspitzengefühl“, sagt Diana Schulze. „Deshalb ist das ‚Auseinzeln‘, wie wir sagen, also das Umpacken der Vials aus den Kartons vom Hersteller in die Auslieferboxen für die Apotheken, bei uns in den besten Händen“, sagt Diana Schulze und lacht unter ihrem Mundschutz. Sie selbst hat 20 Jahre Erfahrung im Umgang mit kühlpflichtigen und temperaturempfindlichen Arzneimitteln in einer pharmazeutischen Großhandlung.

Seit im April 2021 die Auslieferung der Corona-Impfstoffe begann, steht sie jeden Montagmorgen ab 6 Uhr in Daunenjacke und Vollschutz am Konfektioniertisch. Montag ist der Hauptliefertag. 10.000 Vials, manchmal auch mehr, mussten in Spitzenzeiten pro Niederlassung ausgeeinzelt  werden. „Keines durfte kaputt gehen, denn der Impfstoff war ja so knapp“, erinnert sich Schulze. Das sei schon eine Herausforderung gewesen. Auch wegen des frühen Arbeitsbeginns und der „fiesen“ Temperaturen. „Aber wir waren alle froh, dass es überhaupt so schnell Impfstoffe gab und dass wir etwas gegen Corona tun konnten“, sagt die gebürtige Brandenburgerin.

Aktuell ist die Menge der Impfstoffdosen, die jede Woche über den pharmazeutischen Großhandel an die Apotheken ausgeliefert werden, nicht mehr ganz so groß. Die Verantwortung aber ist geblieben. Das Auseinzeln der Impfstoffe ist nach wie vor ein Prozess, für den die Großhandlung eine „Gestattung“ der für sie zuständigen Behörde benötigt. Und zwar für jeden der aktuell verfügbaren Covid-19-Impfstoffe eine eigene.

Der komplexe Logistikprozess für Covid-19-Vakzine, den die pharmazeutischen Großhandlungen zu Beginn der Impfkampagne entwickelt und implementiert haben, ist nach wie vor Standard. Konfektioniert wird immer zu zweit: packen, kontrollieren, dokumentieren. Stimmt die Anzahl der Vials mit der Bestellung der Apotheke überein, für die die Box bestimmt ist? Sind die richtigen Etiketten für die Apotheke und für den Impfausweis des Patienten gedruckt und beigefügt? Sind alle notwendigen Informationen dokumentiert? Auf den Etiketten und im System der Großhandlung müssen Charge, Menge, Zeitpunkt der Entnahme und Verfalldatum genauestens registriert sein. 

Kontrollieren ist an diesem Morgen die Aufgabe von Alexandra Förster, die als Groß- und Außenhandelskauffrau in der gleichen Großhandelsniederlassung arbeitet wie Diana Schulze. Und genau wie diese war auch Förster bei der Konfektionierung von Covid-19-Vakzinen von Anfang an dabei. Inzwischen ist sie sogar die Impfstoffkoordinatorin der Niederlassung: Sie stellt die Listen mit den Bestellungen der Apotheken zusammen, rechnet aus, wie viele Kartons mit Impfstoffvials aus der Kühlung oder Ultratiefkühlung entnommen werden müssen, damit nichts übrigbleibt und verworfen werden muss. Sie implementiert die komplizierten und sich ständig ändernden Prozessbeschreibungen der Hersteller in das Qualitätssicherungssystem, schult anschließend ihre Kollegen und überwacht die Einhaltung.

Förster musste nicht lange überlegen, ob sie diese Verantwortung übernehmen will. Als sie kurz nach Abschluss ihrer Ausbildung gefragt wurde, war sie „super stolz“ und hat sofort „Ja“ gesagt. Trotz der „Beförderung“ unterstützt die 23-Jährige weiterhin bei der Vorbereitung der COVID- 19 Impfstofflieferungen – egal ob beim Auseinzeln der Vials oder beim Zusammenstellen des Impfzubehörs, das der pharmazeutische Großhandel zusammen mit den Impfstoffen ausliefert. Aber das ist eine eigene Geschichte…