Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Apothekenversorgung (Apothekenversorgungs-Weiterentwicklungsgesetz – ApoVWG)


Der PHAGRO | Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels e. V. bedankt sich für die Möglichkeit der Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Apothekenversorgung (Apothekenversorgungs-Weiterentwicklungsgesetz – ApoVWG).

Wir begrüßen das erklärte Ziel des Bundesministeriums, mit dem Gesetzentwurf die notwendigen Rahmenbedingungen für eine bessere Arzneimittelversorgung durch Apo-theken in der Fläche schaffen zu wollen und öffentliche Apotheken vor allem im ländlichen Raum zu stärken, die Wirtschaftlichkeit der Apotheken zu verbessern und ein flächendeckendes Netz an Präsenzapotheken zu erhalten.

Keine Abkopplung des Verordnungsgebungsprozesses zur AMPreisV vom Gesetzgebungsprozess zum ApoVWG

Der PHAGRO bittet, in den weiteren Gesetzgebungsprozess adäquat einbezogen zu werden und den Gesetzgebungsprozess nicht vom Verordnungsgebungsprozess einer Zweiten Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung und der Arzneimittelpreis-verordnung abzukoppeln und damit letzteren der legislativen Beratung zu entziehen. Nur so kann den berechtigten Interessen des pharmazeutischen Großhandels insbesondere unter Berücksichtigung von Art. 78 Abs. 2 S. 1 AMG im Verordnungsgebungsprozess Rechnung getragen werden. Die sachliche Verknüpfung der Rechtsgebiete erfordert eine abgestimmte und gleichzeitige Befassung.

Die geplanten Anpassungen in § 17 ApoBetrO zur Temperaturkontrolle beim Versandhandel sowie die notwendige Klarstellung der behördlichen Zuständigkeiten in § 64 AMG für die Kontrolle ausländischer Versandapotheken verdeutlichen, dass beide Regelungsbereiche eng miteinander verknüpft sind und daher nur gemeinsam sachgerecht beraten werden können.

Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe f – § 129 Abs. 5d S. 5 ff. (neu) SGB V

Dem PHAGRO erschließt sich nicht, warum der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Krankenkassen auch von Arzneimittelgroßhändlern Nachweise über die Abnehmer, die abgegebenen Mengen und die vereinbarten Preise und Rabatte für Leistungen nach
§ 31 Absatz 6, d.h. für die Abgabe und den Verkauf von Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten und Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon verlangen können sollen.

Auch existiert kein etabliertes Verfahren der elektronischen Datenübermittlung der Arzneimittelgroßhändler an den Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Die verpflichtende Teilnahme an dem elektronischen Auskunftsverfahren des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen greift in die Berufsausübungsfreiheit des pharmazeutischen Großhandels ein, der in keinerlei Vertrags- oder öffentlich-rechtlichem Auftragsverhältnis zum Spitzen-verband Bund der Krankenkassen hinsichtlich der Abgabe und dem Verkauf von Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten und Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon steht.

Der PHAGRO wendet sich entschieden gegen die sozialrechtlich statuierte Verpflichtung zur Teilnahme am elektronischen Auskunftsverfahren des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen hinsichtlich der Abgabe und dem Verkauf von Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten und Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon zumal der pharmazeutische Großhandel nicht Partner des Rahmenvertrages gemäß § 129 SGB V ist.

Zu Artikel 8 – Änderung des Betäubungsmittelgesetzes – § 15 Satz 2 (neu) BtMG

Grundsätzliche Einordnung der Änderung

Der PHAGRO begrüßt die vorgesehene Änderung von § 15 BtMG und das Vorhaben, dass abweichend von § 15 S. 1 BtMG in Anlage III bezeichnete Betäubungsmittel in Form von Fertigarzneimitteln nicht gesondert aufzubewahren sind, wenn im Rahmen einer auto-matisierten EDV-gestützten chaotischen Lagerhaltung eine separate Bestands- und Nachweisinformation technisch gewährleistet ist.

Die im PHAGRO organsierten vollversorgenden pharmazeutischen Großhandlungen ver-fügen für sämtliche ca. 100 Großhandelsniederlassungen über Erlaubnisse gem. § 3 BtMG, die im entsprechenden Umfang zur Teilnahme am Verkehr mit Betäubungsmitteln berechtigen. Die Anzahl von als Betäubungsmittel (BtM) klassifizierten und in Verkehr gebrachten Arzneimitteln und Wirkstoffen (derzeit über ca. 2400 unterschiedliche Artikel) sowie auch die Anzahl von Verordnungen für diese Produktgruppe steigen jährlich. Dies stellt den vollversorgenden pharmazeutischen Großhandel vor große Herausforderungen, da an den Handel, die Lagerung und den Transport dieser Arzneimittel hohe regulatorische Anforderungen gestellt werden, um Diebstahl und Missbrauch sowie den illegalen Betäubungsmittelhandel zu verhindern. Mit der stetig steigenden Anzahl an Artikeln und Packungen von Betäubungsmitteln kommen unsere Großhandelsniederlassungen jedoch an ihre Kapazitätsgrenzen.

Kurz- und mittelfristig mussten und müssen die BtM-Räume eines Großteils der Groß-handelsniederlassungen in Deutschland erweitert werden, um die bisherigen regulatorischen Bedarfe und Anforderungen an die Betäubungsmittelsicherheit auch zukünftig vollumfänglich erfüllen zu können. Die Kosten für die Umbauarbeiten zur Erweiterung eines BtM-Raumes lassen sich im Regelfall durchschnittlich pro Niederlassung auf einen einstelligen Millionenbetrag beziffern. Zudem gehen oft aufwendige Baugenehmigungs- und Abnahmeverfahren damit einher.

Erweiterung des Anwendungsbereiches auf Wirkstoffe, die unter Anlage III BtMG fallen

Die Vorteile des möglichen Einsatzes von Kommissionierautomaten mit EDV-gestützter chaotischer Lagerhaltung für die Lagerung und Kommissionierung von Betäubungsmitteln umfasst sämtliche der in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel, d.h. nicht nur lediglich Fertigarzneimittel, sondern auch Wirkstoffe, für die eine Ermöglichung für diese Lagerform ebenso effizienzsteigernd notwendig wäre.

Aus diesem Grunde bittet der PHAGRO, die vorgesehene Ermöglichung der automatischen EDV-gestützten chaotischen Lagerhaltung auch auf die Wirkstoffe zu erweitern, die unter Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes fallen.

Erhalt hoher Sicherheitsstandards bei der Lagerung und Kommissionierung von BtM

Zwar ist auch bereits jetzt ein hoher Sicherheitsstandard bei der Lagerung und Kommis-sionierung von Betäubungsmitteln in der Form von Fertigarzneimitteln und Wirkstoffen gewährleistet. Durch die Ermöglichung einer chaotischen Lagerhaltung und einer damit verbundenen EDV-gestützten Verwaltung in den Kommissionierautomaten erfährt die Sicherung der Betäubungsmittelbestände jedoch eine zusätzliche Verbesserungsmöglichkeit.

Die Einlagerung in den Kommissionierautomaten erfolgt selbstständig, chaotisch und wird autonom anhand der programmierten Parameter durch die Software des Automaten gesteuert.

Auch nach Einführung der BtM-Kommissionierung durch und in Automaten ist es problemlos und schnell möglich, den Gesamtbestand an Betäubungsmitteln zu bilanzieren und die entsprechenden BtM-Warenbewegungen lückenlos darzustellen.

Fehlende Nennung des Großhandels in der Begründung zu Artikel 8

Wir begrüßen daher den Vorschlag der Änderung von §15 BtMG durch den neu einzu-fügenden Satz 2 ausdrücklich und bitten, diesen auf Wirkstoffe zu erweitern. Hinsichtlich der Erfüllungsaufwände zur Umsetzung von Artikel 8 des Entwurfes zum ApoVWG wird der pharmazeutische Großhandel genannt und für diesen „geringe, nicht quantifizierbare Einsparungen“ erwartet. Allerdings stellt die Begründung zu Artikel 8 alleinig auf die Anwendbarkeit von § 15 Satz 2 (neu) BtMG auf Apotheken ab und lässt die Anwendung auch auf pharmazeutische Großhändler unerwähnt. Der PHAGRO bittet auch aus Gründen der Rechtsklarheit und zur umfassenden Erläuterung des Zwecks und der Notwendigkeit der Änderung von § 15 BtMG den pharmazeutischen Großhandel gleichberechtigt mit den Apotheken zu nennen, zumal die Begründung zu der Gesetzesänderung auch als Aus-legungshilfe für Gerichte, Behörden und nicht zuletzt für die Rechtsanwender dient und keine Zweifel offenlassen sollte.

Der PHAGRO und seine Mitgliedsunternehmen stehen dem Bundesministerium zur Lösungsfindung im gemeinsamen Interesse von Apotheken und Großhändlern zur Verfügung.