Mehrwertsteuer senken – Krankenkassen und Patienten entlasten


Die von der Koalition angestrebte Mehrwertsteuer-Erhöhung ruft viele Interessengruppen auf den Plan, die auf die seit Jahren bestehenden Unterschiede in der Besteuerungshöhe hinweisen und im Zuge einer generellen Änderung diese vermeintlichen Ungerechtigkeiten bereinigt sehen wollen. So forderte vor kurzen die Mineralwasserwirtschaft eine Halbierung des Mehrwertsteuersatzes vor dem Hintergrund, dass dies auch für Getränke wie Tee und Kaffee gelte, aber auch Luxuslebensmittel diesen Vorteil genießen würden mit der Begründung, sie gehörten zu den Grundnahrungsmitteln.

Der Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels – PHAGRO – e. V., meldet sich in dieser Diskussion auch zu Wort, allerdings ohne dabei für die eigene Branche nach Vorteilen zu suchen. Dem Verband geht es vielmehr darum, durch die vorgesehene Mehrwertsteuer-Erhöhungen nicht noch mehr Geld-Umschichtungen zu bekommen, die dann weitere komplexe Maßnahmen nach sich ziehen.

Durch die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer von bisher 16 auf 19 % werden auch Arzneimittel voll getroffen. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer belastet deshalb die Krankenkassen, die gerade durch Inkrafttreten des AVWG zum 01. Mai 2006 von der Einnahmemisere befreit werden sollten, erneut mit Mehrausgaben von geschätzten 800 Mio. Euro.

Das bedeutet, dass eine Mehrwertsteuer-Erhöhung umgehend zu einem Minus der Kassen und damit letztendlich wieder in einer Hau-Ruck-Aktion zur Sanierung dieser Kassen endet. Wenn man diesen Sachverhalt bereits jetzt schon erkennen kann, so ruft der PHAGRO die verantwortlichen Politiker zu vorausschauenden Handeln auf. Bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln darf die Mehrwertsteuer nicht erhöht werden!

Es kann und darf nicht sein, dass Hundefutter mit einem Mehrwertsteuersatz von 7 % vom Staat bedacht wird, Arzneimittel zur Behandlung oft schwerster Erkrankungen dagegen mit dem vollen Satz von zukünftig 19 %. Der PHAGRO kritisiert in diesem Zusammenhang auch, dass neben den Krankenkassen auch Patienten durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer im Rahmen der Selbstmedikation und der Selbstbeteiligung oder im Zusammenhang mit den festbetragsbedingten Aufzahlungen mehr Geld für ihre Gesundheit ausgeben müssten, ohne dass es dem System zu Gute käme.

Der Sinn einer derartigen Besteuerung ist schwer vermittelbar. Dies gilt umso mehr, wenn man sich in Europa umsieht und die Handhabung in anderen Ländern betrachtet. Es fällt auf, dass außer in Deutschland nur in 3 weiteren Ländern der volle Mehrwertsteuer-Satz auf Arzneimittel erhoben wird, das sind Österreich, Lettland und die Slowakei.

In vielen anderen Ländern werden Arzneimittel sogar überhaupt nicht oder wenn, dann nur mit geringen Mehrwertsteuersätzen belastet.

Ohne Zweifel steht die große Koalition vor der Aufgabe einer grundlegenden Änderung im Gesundheitswesen. Ein Grundgedanke sollte dabei sein, das gesamte System zu vereinfachen und nicht durch Umschichtungen noch zusätzlich komplizierte Regelwerke aufzustellen. Der ermäßigte Steuersatz auf Arzneimittel wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung, der keine nachfolgenden Maßnahmen zu weiteren Ausgleichaktionen erzwingen würde. Der PHAGRO appelliert an die verantwortlichen Politiker, diese Frage ernsthaft zu untersuchen.